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Yalda Afsah: Curro

26. April - 27. Mai 2023


Residency space: Keithstraße 15, 10187 Berlin

Mittwoch bis Samstag 12 - 18 Uhr

Eine Reihe von Schnitten markiert den Höhepunkt von Curro, einer Einzelausstellung von Yalda Afsah im Rahmen der ersten Between Bridges Residency, mit der sie ausgezeichnet wurde. Die Ausstellung präsentiert den fünften Teil einer Reihe von filmischen Arbeiten, die sich mit ritualisierten Beziehungen zwischen Menschen und Tieren beschäftigen und der sich die in Berlin lebende Künstlerin seit 2018 widmet. Der Film, der als Installation in zwei Räumen konzipiert wurde, ist in zwei Abschnitte unterteilt, die in einer zaunähnlichen Rahmenstruktur gezeigt werden und von einer runden Bank aus betrachtet werden können. Diese ist spezifisch für den Raum konstruiert worden und erinnert an die im Film dargestellte physische Einkesselung. Die Ausstellungsarchitektur steht auch im Zusammenhang mit dem Titel des Films, einem galicischen Begriff für das Einzäunen von etwas. Während die Schnittszenen von Curro eine ganze Reihe symbolischer Assoziationen hervorrufen könnten, sind sie hier weniger eine Metapher als vielmehr der Höhepunkt eines brutalen und herrschsüchtigen Rausches. Eine Art buchstäbliche Machtergreifung.

Während in früheren Filmen etwa der Zentauren-ähnliche Zustand der Symbiose bei traditioneller Dressur oder die Gratwanderung zwischen Fürsorge und Beherrschung beim Trainieren von Tauben Ausgangspunkte waren, wendet Curro seine Aufmerksamkeit dem gewaltsamen Streben nach Zähmung bei einer jahrhundertealten galicischen Tradition zu, bei der Männer eine Herde wilder Pferde eintreiben, um ihre Mähnen und Schweife zu trimmen. Afsahs scheinbar klassischer narrativer Bogen von der Antizipation bis zum Ereignis entwirft eine Taxonomie der Blicke, denn die Betrachter:innen können sich selbst beim Zuschauen und Warten ertappen, ähnlich, wie es die Männer und die Jugendlichen im Film tun. Die Ambivalenz, die Afsahs Werk im Allgemeinen durchzieht, zeigt sich hier in der Spannung zwischen der Grobheit des Rituals und der Art und Weise der visuellen und akustischen Verhandlung: Ihre Herangehensweise hat etwas sehr Taktiles - man stelle sich vor, wie sie Szenen in ihren Händen umdreht, wie sie immer wieder Geräusche der Berührung hervorhebt, etwa durch das akustische Verstärken des Kontakts zwischen sich aneinander drückenden Pferden, des Windes, der durch Blätter streicht, oder eines Jungens, der Zeichen in einen Baum ritzt. Als subtiles Werkzeug der Neuorientierung sind Afsahs Klanglandschaften sinnbildlich für ihre Art und Weise, der scheinbar distanzierten Haltung der Betrachter:innen entgegenzuwirken. Ihre geduldigen Beobachtungen erinnern an die kontemplativen Aufnahmen von James Benning, bei dem sie in Los Angeles studierte. Indem sie die Darbietungen von Hypermaskulinität und jugendlichen Initiationsriten in ihrer hochgradigen Performativität herausarbeitet, stellt Afsah letztlich die Frage, wo die Kunst auf der Achse zwischen der Gewalt des Zuschauens und der Großzügigkeit des Aufmerksamseins liegt. Schauen ist immer beunruhigend.

— Camila McHugh


Press on the exhibition:

Beate Scheder, Die Liebe zur Macht, taz, 20 May 2023 (DE)