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THESES ON HOPE
#10 Karol Radziszewski: One Day These Kids…
10. Februar - 15. April 2023

Between Bridges freut sich außerordentlich, eine Ausstellung des in Warschau lebenden Künstlers Karol Radziszewski zu präsentieren. Radziszewskis multidisziplinäres und archiv-basiertes Werk zeichnet sich durch eine Verkomplizierung vorherrschender historischer Narrative und ihrer konventionellen Repräsentationen aus. Seine Praxis verwebt eine Vielzahl von politischen, sozialen, religiös-kulturellen und kunsthistorischen Referenzen und untersucht diese auf ihr Verhältnisse zur Geschichte der Sexualität und der Konstruktion von Geschlecht hin. Bei Between Bridges präsentiert Radziszewski eine Reihe von neuen Arbeiten, erweiterten Serien und ein umfangreiches öffentliches Programm. Die Ausstellung hebt seine langjährige und idiosynkratrische Methode hervor, historisch marginalisierte queere Praktiken aus mittel- und osteuropäischen Ländern zusammenzutragen, und stellt zudem seine aktuelle Auseinandersetzung mit einer Porträtmalerei jenseits dominanter Darstellungsformen vor.

Für One Day These Kids... führt Radziszewski seine Untersuchungen der normativen Logiken und Politiken von (Kunst-)Institutionen fort. Er hat eine raumgreifende, ortsspezifische Installation entwickelt, die auf ein klassisches polnisches Klassenzimmer der 1990er Jahre und dessen gängige visuellen Codes anspielt, die eine Queerness-ausschließende Geschichtsschreibung und eine Auffassung eines nationalstaatlichen kulturellen Erbes produziert. In Anlehnung an diese Tradition, bei gleichzeitiger Unterwanderung dieser, nutzt Radziszewski den Ausstellungsraum als Medium, um über alternative pädagogische Modelle zu spekulieren, die von unterrepräsentierten oder zurückgewiesenen queeren Geschichten, Begehren und Verbindungen ausgehen.

Die Installation dient gleichzeitig als Bühne für das öffentliche Programm, das von Radziszewski als integraler Bestandteil der Ausstellung und in Anlehnung an seine langjährige Praxis eines transnationalen Community Buildings konzipiert worden ist. Radziszewski hat eine Gruppe seiner gleichgesinnten Kolleg*innen – Künstler*innen, Denker*innen und Aktivist*innen aus ost- und mitteleuropäischen Ländern, deren jeweilige Praxis konzeptuell, ästhetisch und ethisch mit seiner eigenen verbunden ist – eingeladen, alternative „history lessons“ zu halten. Zu ihnen gehören: Anatoly Belov; #FLUID (Paula Dunker und Alex Bălă); Philipp Gufler; Libuše Jarcovjáková; Ryszard Kisiel, Jaanus Samma, Anton Shebetko, Suzana Tratnik und Liliana Zeic gemeinsam mit Twoja Stara. Am Tag der Finissage wird Radziszewski zudem die neueste Ausgabe des DIK Fagazines mit Schwerpunkt Ukraine vorstellen, die er gemeinsam mit Anton Shebetko herausgegeben hat.


Als Teil des Eröffnungswochenendes finden am Samstag, 11. Februar, zwei history lessons statt:
   
18.00 Uhr Ryszard Kisiel

Karol Radziszewski wird sich mit dem in Gdańsk lebenden Aktivisten, Archivar und Fotografen Ryszard Kisiel unterhalten, einer führenden Figur für queere Sichtbarkeit im Nachkriegs-Polen, dem Gründer und Herausgeber von Filo (1986-1990, einem der ersten polnischen LGBT-Magazine) und Autor des nie veröffentlichten Underground-Cruising-Atlas Polish Gay Guide on the Europeans Socialists Countries. Gemeinsam präsentieren und sprechen sie über zwei Filme von Radziszewski: Kisieland (2012), ein Dokumentarfilm über Kisiels Aktivismus und die Archivierung von queerem Leben, verbunden mit der Nachstellung eines seiner Fotoshootings queerer Expressivität, das als direkte Reaktion auf die Schrecken der polizeilichen Anti-Homosexuellen-Kampagne Operation „Hyazinth“ in den 1980er Jahren gilt; und Afterimages (2018), der eine Fotofilmrolle aus Kisiels Archiv als Ausgangspunkt nimmt, um über das schwule Leben während der späten Volksrepublik Polen zu reflektieren.

20.00 Uhr #FLUID (Paula Dunker und Alex Bălă)

„#FLUID  präsentiert eine lärmende politische Stand-Up-Tragödie, eine musikalisch-sprachlich-poetische herstory class über das verschwommene / gedämpfte queere Leben in Rumänien. Das Archiv privater Erzählungen definiert ein politisches System, das die Grenzen markiert, die Reibungen und schweren Takte der Existenz nur innerhalb eines geschützten Raumes. Es ist eine singende herstory, die aus verstaubten Dokumenten und Erinnerungsfetzen von Zeugen, die der Kontrolle des täglichen Lebens ausgesetzt sind. Paradoxe der Unsichtbarkeit, die perfekt mit einem verstörenden Geräusch harmonieren. Wie hört sich das an?“

Ausführliche Informationen und Zeitplan der „history lessons“: https://www.betweenbridges.net/exhibition-space/theses-on-hope/10-karol-radziszewski